
Schwester Irmina Lanzerath (Mitte) verließ als letzte Schwester das Haus in Band Honnef. Der Abchied wurde mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche begangen, an dem auch viele Schwestern, Seelsorger, Freunde des Guten Hirten und Gäste teilnahmen. (Foto: Christel Gast, Extra-Blatt Siegburg)
Viele kennen es von außen, viele haben es drinnen selbst erlebt und genossen:
Das Geistliche Zentrum der Schwestern vom Guten Hirten in Bad Honnef. Es war
ein gastliches, inspirierendes Haus, das seine eigene Geschichte hatte, eine
Kirchen- und Ordensgeschichte. Als das große Gelände 1917 von der
Ordensgemeinschaft gekauft wurde, war es das einzige Eigentum des Ordens in
der Rheinischen Provinz der Schwestern vom Guten Hirten. Alle anderen Filialen
waren wegen der Kulturkampfsituation als bischöfliche Stiftungen errichtet
worden. Mit dem Erwerb des Grundstücks an der Wilhelmstraße, auf
dem eine Villa stand, gründeten die Schwestern auch den Rechtsträger
für die Rheinische Provinz, die Schwestern vom Guten Hirten Bad Honnef
e.V..
1929 wurde in der Villa „Haus Nazareth“, Wilhelmstrasse 7, eine
Haushaltungsschule für Mädchen errichtet, denn „Fürsorgezöglinge“
durften dort wegen Einspruchs der Honnefer Kommune nicht aufgenommen werden.
Doch Haus Nazareth wuchs und entwickelte sich weiter, so dass schon 1934 ein
Anbau errichtet werden musste. Viele junge Mädchen haben dort eine unbeschwerte
Jugend und eine sehr gute hauswirtschaftliche Grundausbildung erhalten. Trotz
Nazi- und Kriegszeit konnten die Schwestern ziemlich unbehelligt arbeiten.
1945 wurde ein zweites Gebäude auf einem von der britischen Besatzungsbehörde
beschlagnahmten Teil des Geländes errichtet, und zwar ein Offiziershaus
an der Wilhelmsau 2. Erst 1962 wurde es frei und von den Schwestern zuerst als
Ferienhaus, danach als Provinzialat der Rheinischen Provinz benutzt. Später
fand dort die Ausbildungsgemeinde ihr Zuhause.
Im Zuge von Schließungen anderer Niederlassungen entstand 1980 im Park
an der Wilhelmstraße 5 ein drittes Gebäude, das Kloster Heiligkreuz
für die 1861 in Aachen gegründeten Kontemplativen Schwestern vom Guten
Hirten mit eigener kleiner Klosterkirche.
Im alten Haus Nazareth waren von 1974 bis 1984 ständig Umbauten und Veränderungen
im Gange. Infolge des Schwesternmangels mussten einige Filial-klöster aufgelöst
werden. Man suchte Unterkunft für die älteren Schwestern und die von
ihnen betreuten Frauen, die oft schon Jahrzehnte bei den Schwestern lebten.
Sie fanden eine neue Heimat im Haus Nazareth. Nachdem die betreuten Frauen 1996
in das von der Provinz für sie gegründete Altenheim in Schleiden umsiedeln
konnten, eröffneten die Schwestern in Haus Nazareth eine Schutzwohnung
für Frauen in Not.
1996 wurde das Kloster Heiligkreuz Tagungshaus der Ordensprovinz, ein Geistliches
Zentrum unter der Leitung von Schwester Irmina Lanzerath. Es konnte sich finanziell
nur halten, weil immer wieder Ordensangehörige dort tätig waren. Die
Umwidmung des Hauses war mit zahlreichen Umbauten verbunden. So wurde unter
anderem das ehemalige Schwimmbad in einen großen, modernen Tagungsraum
verwandelt. Schwestern vom Guten Hirten aus der inzwischen vereinigten Deutschen
Provinz des Ordens, sowie MitarbeiterInnnen und Freunde vom Guten Hirten fanden
im Geistlichen Zentrum einen Platz für Begegnungen, Tagungen oder Exerzitien.
Ab dem Jahr 2000 wurde das große Gelände, dessen Erhalt finanziell
sehr aufwändig war, nach und nach verkleinert: Die Ausbildungsgemeinde
an der Wilhelmsau wurde aus Mangel an Berufen geschlossen und das Haus St. Raphael
an eine Familie verkauft. 2005 wurde aus Schwesternmangel auch das Frauenhaus
geschlossen. Die Stadt Bad Honnef brauchte Bauplätze für Familien.
Deshalb wurde das übrige Gelände zum größten Teil in Bauplätze
auf Erbpachtbasis aufgeteilt. Dafür musste 2006 Haus Nazareth abgerissen
werden. Das Geistliche Zentrum erhielt einen kleinen Park, der neu gestaltet
wurde.
2014 stand der Orden wieder an einem Wendepunkt. Aus Schwesternmangel und weil
das Haus ein Zuschussbetrieb blieb, den die Deutsche Provinz auf Dauer nicht
finanzieren konnte, musste das Geistliche Zentrum geschlossen werden. Nur Schwester
Irmina blieb, um sich weiterhin um die Kirche und die Gottesdienste zu kümmern,
was ihr ein besonderes Anliegen war.
Gebäude sind der eine Teil, die Menschen der entscheidend andere. Viele
Schwestern und MitarbeiterInnen haben zu dem beigetragen, was das Haus ausmachte:
eine Heimat und ein Sanatorium für Seele und Leib. Diesen Menschen gilt
der Dank des Ordens für Jahrzehnte lange Treue, für selbstlosen Einsatz
und große Gastfreundschaft.
„Es fällt nicht leicht, hier zu stehen und Abschied zu nehmen“,
bekannte Schwester Irmina RGS zum Abschluss eines Gottesdienstes am 1. März
2015 im Kloster Heiligkreuz, in dem sie als letzte der Schwestern vom Guten
Hirten von Bad Honnef verabschiedet wurde. Schwester Irmina war 20 Jahre hier
tätig, unter anderem als Oberin. Viele Menschen kamen zum Gottesdienst
um sich von ihr zu verabschieden und sich bei ihr zu bedanken.
Auf dem Klostergelände entstehen nunmehr 35 Seniorenwohnungen mit Angeboten,
so dass die Senioren dort soweit wie möglich selbständig leben können.
Das geistliche Leben in der Klosterkirche soll jedoch mit Unterstützung
von Dr. Karin Sugano und Leopoldine Fey auch weiterhin aufrecht erhalten bleiben
und der Geist des Guten Hirten nicht vergessen werden.